Die Geschäftsmoral des goldenen Mittelwegs
„Der ehrbare Kaufmann steht zu seinem Wort – sein Handschlag gilt“. So beschreibt der Verein Versammlung Eines Ehrbaren Kaufmanns zu Hamburg e.V. (VEEK) den historischen Begriff. Der Zusammenschluss aus knapp 1.000 Kaufleuten besteht mittlerweile seit über 500 Jahren und schützt das geschichtliche Leitbild des wertorientierten Handels in Europa. Die Bezeichnung selbst ist aber noch weitaus älter: von ehrbaren Kaufmännern sprach man bereits im Mittelalter.
In italienischen Kaufmannshandbüchern des 12. Jahrhunderts finden sich bereits explizite Eigenschaften ehrbarer Handelstätigkeit und auch im Norden Europas formulierten Hansekaufleute zu dieser Zeit ähnliche Grundsätze. Die Idee: langfristigen Geschäftserfolg fördern und gleichzeitig den sozialen Frieden aufrecht erhalten – die “Geschäftsmoral des goldenen Mittelwegs”.
Der deutsche Unternehmer Ernst Holzmann findet eine Begriffsdefinition in dem Wort “Ehrbar” selbst. So steht E für Ehrlichkeit, H für das Halten an Gesetze und Vereinbarungen, R für Respekt gegenüber Mensch und Gesellschaft, B für Bescheidenheit, A für Achtung und R für Redlichkeit. Die Wertschätzung dieser Tugenden ist für ihn der Schlüssel zu einer erfolgreichen Unternehmensführung.
Die Reputation eines Händlers war im Mittelalter der einzige Qualitätsindikator, der dem Kunden zur Verfügung stand. Deshalb waren die wichtigsten Eigenschaften, die ein Kaufmann damals benötigte, Vertrauenswürdigkeit und ein guter Ruf. Für unsere heutige, digitale Gesellschaft, mag dies im ersten Moment nach einem Symptom des Informationsmangels im Mittelalter klingen. Tatsächlich zählen Reputation und Vertrauenswürdigkeit aber noch immer zu den elementaren Qualitäten von Wirtschaftlern, Kaufleuten und Managern. Einer Bertelsmann-Studie von 2016 zufolge, sind die drei wichtigsten Vertrauensfaktoren für Konsumenten, wie Unternehmen ihre Mitarbeiter behandeln, Ethik-Regeln einhalten und sich für Umwelt- und Naturschutz einsetzen. So ergab die Umfrage, dass die Befragten familiengeführten, mittleren und kleinen Firmen mehr als größeren oder börsennotierten Unternehmen vertrauen. Nicht ohne Grund setzen Firmen heute also auf Nachhaltigkeit und Verantwortung: Die Gesellschaft, in der ein Unternehmen geführt wird, ist essentiell für den wirtschaftlichen Erfolg.
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